von Hans Poth
Die Wasserversorgung während des Mittelalters auf der Felsburg galt Jahrzehnte lang als ungeklärt in der Aufarbeitung der lokalen Geschichte. Eine neue Auswertung verschiedener Funde und Schriftquellen der letzten Zeit und diese im richtigen Kontext gesehen, führen über bis jetzt nur angenommenen Thesen zu fachlich belegbaren Tatbestände und damit zu weiteren Erkenntnissen.
In Friedens- und Kriegszeiten brauchten die Burgbewohner ausreichend Trink-, Koch-, Wasch- und Löschwasser. Auch zum Bauen war das kostbare Nass vonnöten: nach der Gründung der Burg besonders im Rahmen der Erweiterung zwischen 133o-1389 und bei der Beseitigung durch Kriegseinwirkung entstandener Schäden. Gerade auf einer Höhenburg war die Wasserversorgung bei einer Belagerung lebens- bis überlebensnotwendig. Im Kontext mit einer ordentlichen Tierhaltung war die regelmäßige Wasserversorgung ebenfalls von existenzieller Bedeutung. Doch wo kam das Wasser dazu her?
Techniken der Wassergewinnung
Bei den Burgen im Raum Nordhessen, Thüringen und Süd- Niedersachsen lassen sich unterschiedliche Möglichkeiten zur Wassergewinnung nachweisen. Je nach geologischer Ausgangssituation vor Ort darf differenziert werden zwischen:
1. Förderung von Grundwasser im Burggelände
2. Zuleitung von einer außerhalb liegenden Quelle
3. Sammlung von Regenwasser auf der Burg
4. Transport von Wasser auf die Festungsanlage
Wasserbedarf
Der Wasserbedarf auf der Felsburg war im Mittelalter auch schon eine Frage des Anspruchs, des Standards sowie der Anzahl der zu versorgenden Menschen und Tiere. Von Ende des 11.Jahrhunderts bis 1515 war die Burg durchgehend bewohnt und ständig kriegerischen Konflikten zwischen der Landgrafschaft Hessen und dem Erzbistum Mainz ausgesetzt. Danach spielte sie im Dreißigjährigen und im Siebenjährigen Krieg als strategisch wichtiger Ort eine zentrale militärische Rolle. Während in Friedenszeiten mit den Burgeigentümern bzw. -verwaltern einschließlich Besatzung bis zu 20 Menschen lebten, konnten im Kriegsfall 80-120 Soldaten die Befestigung verteidigen. Burgenforscher schätzen den Verbrauch der Wassermenge auf 5 Liter pro Person am Tag. Zusätzlicher Bedarf entstand für die Haus- und Nutztiere, die auf der Burg untergebracht waren.
Zisternenanlage auf der Felsburg
Rund um das Areal des 200 m hohen Bergkegels der Felsburg deutet nichts auf eine Quelle hin. Der felsige aus Basalt bestehende Untergrund sorgt für eine geringe natürliche Wasserspeicherkapazität. Anders als in Homberg ließ sich bis heute -selbst nach intensiven Sanierungsarbeiten zwischen 1989 bis 2005 - in Felsberg auf der Burg auch kein Brunnen in herkömmlicher Form nachweisen. Halbkreisförmig angelegte Grundmauern östlich des Bergfriedes im Bereich des Burghofes - in unmittelbarer Nähe der Nordmauer und im renovierten Zustand gut erkennbar – deuten heute auf eine ehemalige Zisternenanlage hin. Diese Wasserstelle durfte auch als verhältnismäßig gut geschützt vor feindlichen Angriffen gelten. Denkbar ist, dass sich sogar im Zwinger eine zweite Zisterne befand, die im Verteidigungsfall der Nordmauer von strategischer Bedeutung war. Orientiert an diesen historischen Baurelikten und dem technischen Stand im Mittelalter darf als gesichert gelten: auf dem Gelände der Felsburg waren Zisternen angelegt, die als Sammelstellen auch eine kühle Lagerung für das kostbare Gut gewährleisteten. Von dort konnte das Wasser wie aus einem Brunnen geschöpft werden. Man dürfte sich deshalb vorwiegend auf das Sammeln von Oberflächenwasser der Gebäudedächer im Innenhof gestützt haben. Ein Sammeln dieser Art setzte jedoch eine befestigte Oberfläche voraus, von der das Niederschlagswasser in Auffangbecken kontrolliert in Zisternen abgeleitet werden konnte.
Bei offenem Gerinne und auch länger stehendem Wasser musste allerdings zwangsläufig die Qualität und auch die Hygiene leiden. Seuchen durch Wasserverunreinigungen waren weit verbreitet. Besondere Gefahr drohte dann, wenn Abortanlagen und Wasserbevorratung sich in räumlicher Nähe zueinander befanden. Die Fachwelt trennt zwischen Tankzisternen, wie sie in Felsberg vorgeherrscht haben dürften, und sehr viel aufwändiger gestalteten Filterzisternen, bei denen das Regenwasser durch Kiesschichten geleitet und gesäubert wurde. Angesichts des felsigen Untergrundes waren die Voraussetzungen hierfür denkbar ungünstig. Zweifellos bestand bei beiden Verfahren eine große Abhängigkeit von den Niederschlagsmengen, eine durchgehende Versorgungssicherheit war nicht gewährt. Nachgewiesen sind bei anderen Burgen Zisternen mit einem Fassungsvermögen von 20 Kubikmeter. Durch das Anlegen mehrer Zisternen konnte der Wasservorrat entsprechend erhöht werden.
Wassertransport durch Esel
Zusätzlich war man von der topografischen Lage her gezwungen, weil keine Rohrleitungen zur Burg zu legen waren, das Wasser durch Träger oder Tragtiere heranbringen zu lassen. Am Fuß des Bergkegels existierten nach
heutigem Kenntnisstand drei Brunnen: auf dem Grundstück Laabs, im Haus Bierwirth und auf dem Pfarrhof. Außerdem gab es die Sülze Lache und den Beerenteich in unmittelbarer Nähe zur Stadtmauer als Wasserstelle. Von dort aus war das Wasser mit menschlicher Kraft oder verfügbaren Hilfsmitteln nach oben zu befördern.
Einzelne Funde von kleineren Hufeisen rund um die Burg lassen darauf schließen, dass der Transport mit Eseln durchgeführt wurde. Knochenreste, die Esel zugeordnet werden dürfen, sind bei Sanierungsarbeiten aufgetaucht. In einem Inventarverzeichnis zum Hausrat der Burg von 1455 ist ein Esel zur Wasserversorgung aufgeführt. Aus einer Gesindeaufstellung der Burgverwaltung findet neben Schreiber, Koch, Kellner, Pförtner, Knechte und Mägde auch ausdrücklich ein Eseltreiber Erwähnung. In einer Urkunde von 1462 wird im Rahmen einer Aufzählung handwerklicher Arbeiten von einem Esel berichtet, der beschlagen worden sei. Das Wasserholen oblag ganz offensichtlich dem Personal der Burg oder war Aufgabe der Untertanen, die in einem Abhängigkeitsverhältnis zur Burg standen.
Auf schmalem ansteigendem Weg mussten in Felsberg –je nach Lage der Wasserstelle – zwischen 80 und 100 Höhenmeter überwunden werden. Als Transportbehälter kamen Holzbottiche oder Ledereimer infrage. Durch wichtige Eigenschaften wie Belastbarkeit, Laufen im schwierigen Gelände, Geduld und Anspruchslosigkeit schien der Esel für die Bewältigung dieser Aufgaben bestens geeignet. Eine Erinnerung an diese für Mensch und Tier mühselige Arbeit ist bis heute in Felsberg erhalten geblieben. Noch immer wird der Aufstiegspfad vom Marktplatz zur Felsburg im Volksmund Eselspfad genannt. Diese Bezeichnung findet man übrigens im Zusammenhang mit zahlreichen Burgen in ganz Deutschland.