Ein Gang durch das wehrhafte Mittelalter
Wissenschaftlichen Besuch im Rahmen einer Burg- und Stadtführung bekam der Kulturwart des Burgvereins Hans Poth. Er empfing den
Leiter des Museums und Stadtarchivs von Butzbach, Dr. Dieter Wolf, der als profunder Kenner Nordhessens seine Doktorarbeit über Melsungen, eine Kleinstadt im Mittelalter“ verfasste. Dabei erstreckten sich seine historischen Forschungen nicht nur direkt auf Melsungen, sondern auch auf umliegende Städte und Gemeinden; so auch auf Felsberg.
Noch heute ist das Stadtbild Felsbergs geprägt von dem sich durch das gesamte Hochmittelalter ziehenden militärischen Konflikt
zwischen der Landgrafschaft Hessen und dem Erzbistum Mainz. Von 125o bis 145o gab es mehrere Kriege rund um die Kleinstadt.
Am Beispiel verschiedener Bauwerke und Straßennamen tauschten Poth und Wolf den Stand ihrer Kenntnisse über das wehrhafte Felsberg im Mittelalter aus. Dabei wurde die architektonische Ausgestaltung der Felsburg an Hand der Stiche von Wilhelm Dillich und Matthäus Merian erörtert. Man war sich einig, dass gerade Dillich sich weitestgehend nach der Wirklichkeit richtete. Mehrere Türme, integriert im unmittelbaren Burgbereich, der Bergfried mit achteckiger Bedachung, mehrere Wirtschafts- und Wohngebäude sowie der Fachwerkaufsatz zum Burginneren geben das Aussehen der Felsburg von 16o5 gut wieder.
Wie Dr. Wolf aus einer Rechnung von 1461 zitierte, gab es direkt auf der Burg zu Friedenszeiten folgenden Personalbestand: Zwei
Köche, ein Bäcker der Pförtner, der Eselstreiber, ein Hofmann, ein Böttner, zwei Mägde, ein Kuhhirt sowie ein Schreiber. Über landgräfliches
Verwaltungspersonal kann man nur Vermutungen anstellen. Wie viel Soldaten im Verteidigungsfall eingesetzt wurden, ist ebenfalls nicht klar zu beziffern. Gemäß verschiedener Erfahrungswerte von anderen Burgen, darf man von 8o-1oo Mann in der Besetzung ausgehen.
Gemeinsam bildeten Burg, die bergabwärts verlaufenden Schenkelmauern sowie die im Tal verlaufende Stadtmauer eine Befestigungseinheit
für die Sicherheit der mittelalterlichen Stadt.
Die Mauer darf man sich 8-1o m hoch vorstellen, ausgestattet mit den drei Stadttoren Untertor, Haintor und Obertor sowie mit einem schmalen Wehrgang versehen. Die 9oom lange Mauer und die Stadttore wurden von der Stadtwache kontrolliert. Im Verlauf ist sie der örtlichen Topografie angepasst, indem sie die Siedlung konzentrisch umschließt.
Mindestens drei mit Zinnen gekrönte Türme befestigten die Mauer zusätzlich. Dass die Bürger für den Unterhalt der Mauer baulich und
finanziell aufzukommen hatten, entsprach der mittelalterlichen Solidargesellschaft.
Als noch nicht hinreichend untersucht gilt der Verlauf und die Ausgestaltung der Landwehr in Felsberg. Wie in anderen Städten war der
Bau einer Landwehr für die Bevölkerung eine wirksame Maßnahme, um sie gegen Übergriffe von Nachbarn und Feinden in Kriegen, Fehden und auch in Friedenszeiten zu schützen. Gleichfalls wurden Rechtsbezirke voneinander abgegrenzt. Eine Landwehr behinderte außerdem Räuberbanden am Betreten des geschützten Gebietes einer Siedlung und erschwerte ihren Rückzug nach Beutezügen.
Woraus bestand eine Landwehr?
In der Regel wurde sie aus einem einfachen Graben gebildet, hinter dem sich ein aus dem Grabenaushub geschaffener Erdwall befand. Dahinter war als Hauptgrenzhindernis ein 2o-5o m breiter Gehölzstreifen angelegt, der erst nach jahrelanger Pflege seine Aufgabe erfüllte.
In Felsberg ist sogar die Abwehrfunktion durch die Einbeziehung der Sülze Lache in den Schutzgürtel noch erhöht worden, so
vermuten Wolf und Poth.
Poth erklärte sich bereit, die Geschichte der Stadt Felsberg noch stärker einer interessierten Öffentlichkeit zugänglich zu machen
und sprach sich für eine intensivere Kooperation mit touristischen Einrichtungen in Felsberg aus.