Unbekannte Zeichnung von der Felsburg gefunden
Hans Poth
Die Beschäftigung mit Kunst und Geschichte kann sehr spannend sein. Das stellte Heimatkundler Hans Poth fest, als er eine Darstellung zur Felsburg, die in der Region nahezu unbekannt sein dürfte, jetzt ausfindig machte. Angestachelt wurde er von einem Gerücht, das in heimatkundlichen Fachkreisen immer mal wieder zu hören war: Danach gebe es eine Zeichnung der Felsburg aus dem Kreis der Familie Tisch-bein, genauere Informationen waren allerdings nirgendwo zu erhalten. Poth stellte Recherchen im Internet an und nahm die Spurensuche auf.
Dem Bild auf der Spur
Dabei stieß er auf das Buch „Netzwerk der Aufklärung“, ein Aufsatzband zu dem Lyriker Johann Heinrich Merck. In einem Text, der von Briefverkehr zwischen Johann Heinrich Tischbein, dem Älteren, und Merck berichtet, erzählt der Maler von seiner Tätigkeit. Bei der Darstellung seiner Arbeit und damit verbundenen Reisen sprach er auch über das Schloss von Felsberg. Durch eine Fußnote gelangte Poth an weitere detaillierte Angaben zu dem Bild. Als Aufbewahrungsort wird die grafische Sammlung des Hessischen Landesmuseums, Darmstadt, angegeben. Der Heimatkundler nahm Verbindung mit der dortigen Leiterin, Dr. Mechthild Haas auf, und sehr zu seiner Freude, wurde ihm umgehend das Bild zugemailt
Die Zeichnung
Ein Maler beschäftigt sich meist immer dann mit einer bestimmten Thematik, wenn er sich besonders durch sie angesprochen fühlt. Von Tischbein ist bekannt, dass er öfter Wanderungen und Fahrten durch die Landschaft von Niederhessen unternahm. So war es nahe liegend, dass ihn in Felsberg ganz offensichtlich das Zusammenspiel von Natur und Bauwerk beeindruckten: Burgberg und Burg. Akribisch genau sind die Basaltformationen der Felswände herausgearbeitet. Sichtlich scheint der Maler von den polygonalen Strukturen der Säulen gefangen. Die Burgmauern dagegen sind nur noch schemenhaft zu erkennen und laufen nach oben aus. Ganz spärlich ist die Vegetation dargestellt. Sollte es vielleicht eine bildhafte Darstellung der Burg in herbstlichem Dunst sein? Am Rand der Zeichnung befindet sich ein Text in Französisch, das damals die Sprache des kulturell gebildeten Menschen war. Ins Deutsche übersetzt enthält er folgende Angaben: „Ansicht der Ruine des Schlosses Felsberg in Hessen, gelegen auf einem Basaltberg, gezeichnet nach der Natur, 16. Oktober 1769“.Die Entstehung der Zeichnung darf also in die Nachfolgezeit zum 7-jährigen Krieg, in dem die Burg stark zerstört wurde und das Gemäuer die heutige Form annahm, datiert werden. Signiert ist die Zeichnung mit J.H. Tischbein f.. Es handelt sich um eine schwarz-weiße Kreidezeichnung in Rötel auf blauem Papier und hat das Format 194x346 mm.
Poth wird jeweils eine Kopie des Bildes an den Burgverein Felsberg, das städtische Archiv und das Museum für Vor- und Frühgeschichte übermitteln. Damit wird ein wertvolles Stück Kunst und ein Teil lokaler Geschichte der kulturellen Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Bekanntlich ist die Burgenstadt Felsberg mit ihren Gebäuden und ihrer Landschaft von mehreren hochrangigen Künstlern dargestellt worden: Wilhelm Dillich, Matthäus Merian, Otto Ubbelohde und jetzt auch Johann Heinrich Tischbein.
Wer war Johann Heinrich Tischbein?
Johann Heinrich Tischbein der Ältere entstammte der berühmten weit verzweigten niederhessischen Malerdynastie, die ursprünglich aus Haina im Kellerwald kam. Er lebte von1722-1789. Mit seinen Werken galt er als einer der anerkannten Porträtisten des 18. Jahrhunderts. Berühmt wurde er auch durch die Darstellung mythologischer Szenen sowie Historiengemälde. Studienreisen führten ihn nach Paris, Venedig und Rom. Mit der Begründung der Kasseler Kunstakademie ging er als „Kasseler Tischbein“ in die Kunstgeschichte ein. Berühmt ist die Reiherbeize am Waberner Schloss (1763/64), die eine Jagdszene darstellt.