Reformation im Melsunger Land

Reformation im Melsunger Land, eine soziale Aufrüstung des ländlichen Raumes vergangener Zeit

von Hans Poth


Als eines der Kerngebiete der Reformation gehörte Hessen zu den Ländern ,in denen sich die Lehre Luthers  rasch durchsetzte. Mit Landgraf Philipp dem Großmütigen, hatte man einen frühen politischen Verfechter der Reformation, der zahlreiche, heute noch modern anmutende Vorhaben, zügig in die Tat umsetzte. 1527 wurden in Philipps Landgrafschaft 31 Klöster aufgelöst. Das verlief nicht ohne Widerstand, aber es zeigte auch, dass die Strukturen der alten Kirche erneuerungsbedürftig waren. Die Menschen sehnten sich nach dem Glauben, die Kirchenoberen indessen vertraten nicht mehr glaubwürdig das Christentum. In der Bevölkerung herrschte eine antiklerikale Stimmung. Die Besitztümer und Einkünfte der Klöster flossen, nun dem Volk nutzbringend, landesweit in ein groß angelegtes Bildungsprogramm zu. So gründete Philipp die erste evangelische Universität in Marburg, der zur Ausbildung von Lehrern ein Pädagogium vorgeschaltet war. Dazu errichtete er eine Stipendiantenanstalt, die auch den Kindern von Armen den Schul- und Universitätsbesuch ermöglichen sollte: Ferner richtete Philipp eine Hospitalstiftung ein, die dem „gemeinen Nutzen“ dienen sollte. Aus Klöstern wurden Heime für Alte und Kranke vom Land:

In den hessischen Pfarreien richtete man zu Philipps Regierungszeit je einen „gemeinen Kasten“ ein; der sich ebenfalls aus säkularisiertem Kirchengut speiste. Von diesem Fond wurden in den Dörfern Notleidende unterstützt, aber auch Pfarrer und Lehrer besoldet. Viele Pfarrer waren miserabel ausgebildet, auch erregte häufig ihr Lebenswandel Anstoß in der Öffentlichkeit.

 

Verbreitung des evangelischen Kirchenturms

Die Verbreitung des evangelischen Kirchenturms verlief in den geistigen Zentren recht zügig, auf dem flachen Lande dagegen sehr schleppend und war häufig von den örtlichen führenden Persönlichkeiten abhängig. Die führenden Köpfe der frühen Reformation waren neben den Humanisten vor allem evangelisch predigende Priester, entlaufene Mönche, Magister der Lateinschulen sowie Laien. Erstaunlich ist die hohe Fluktuation bei den einzelnen Pfarrstellen. Zum großen Teil entstammten die neuen Pfarrer aus den einheimischen Klöstern Eppenberg in Felsberg, Breitenau in Guxhagen, Heydau in Morschen und dem Karmeliter-Kloster in Spangenberg.


Welche Veränderungen gab es im Melsunger Land?

Man muss sich den Übergang vom katholischen zum evangelischen Glauben gleitend vorstellen. Gerade am Anfang gab es noch Überschneidungen zwischen neu und alt. Relikte aus der Gottesdienstzeremonie sowie bestimmt Feiertage wurden noch begangen. Hier auszugsweise einige bemerkenswerte Fakten der Reformationszeit des Melsunger Landes:


Felsberg und Kloster Eppenberg

Der erste evangelische Pfarrer in Felsberg war Johannes Sensenschmidt, ein Geistlicher des Deutschen Ordens der ihn später als“ verlaufenen, abtrünnigen apostatierten vermente gewesenen Ordenspfaffe“ beschrieb Das Patronatsrecht blieb als Sonderfall dennoch bei dem katholischen Orden blieb aber Er versah von 1530-1550 sein Amt in der Stadtkirche. Dass er auch eine vorher verweigerte Heiratserlaubnis bekam, dürfte ihn besonders gefreut haben.

Hier wurden Abfindungssummen, die sich nach der Mitgift ausrichteten, erteilt. Alte und kranke Nonnen und Mönche sollten versorgt werden, damit sie nicht unverschuldet in Not gerieten. Ähnlich wie in anderen Klöstern wurden Vögte eingesetzt, die Nachfolgeverpflichtungen zu erledigen hatten. Letzter Prior war Johannes Lenning, den es dann nach Melsungen zog, wo er eine Pfarrstelle übernahm. Später war er in besonderer Mission im Auftrag von Landgraf Philipp in Münster bei den Wiedertäufern unterwegs. Für seine unbedingte Loyalität zu seinem Landesherrn hatte er einiges zu erdulden. Im Volk sang man Spottlieder über ihn.


Guxhagen und Kloster Breitenau

Breitenau gehörte dem Nonnenorden der Zisterzienser an. Mit der Auflösung des Klosters1527 wurden die Nonnen nach Einzahlung abgefunden. Das Vermögen des Klosters wurde für Kirchen und die Armen verwendet Spangenberg und das Karmeliterkloster Erst kurz vor der Einführung der erfolgte die Erbauung der Klosterkirche. Nach den ausgestellten Verzichtsbriefen zu urteilen, in denen 40 Mönche, die noch im Kloster wohnten ihre Konversion mitteilten sowie ihre Verachtung gegenüber ihrem Möchsstand bekennen mussten, wurden alle abgefunden. Abfindungen erfolgten durch Barmittel oder lebenslänglichen Anlieferungen von Naturalien.
Nach der Auflösung des Klostergebäude ginge in den Besitz der Landesverwaltung über und wurden als herrschaftliche Getreidespeicher und Scheuen benutzt.


Morschen und Kloster Heydau

Aus Morschen stammt der bedeutendste Reformator der Region Johann Sutel. Er wurde als Sohn des Klostervogtes 1504 geboren. Im Laufe seines arbeitsreichen Lebens war er in verschiedenen Ämtern für die Reformation tätig. 1526-1530 war er als Rektor in Melsungen tätig, „ohne priesterliche Ordination sowie ohne Tonsur und Salbung“. Seine Stationen waren Göttingen, Schweinfurt Allendorf und Northeim. Mit Landgraf Philipp, dem Reformator Philipp Melanchton und vermutlich auch mit Martin Luther muss er brieflich in Verbindung gestanden haben.


Visitationen als Kontrolle

Visitationen waren ein geeignetes Kontrollinstrument für die herrschaftliche Landesverwaltung, wenn es um Realisierung von Reformationszielen ging. Überprüfungen erfolgten in straffer, gut organisierter Form vor Ort. Insgesamt fällt auf, dass Landgraf Philipp unbeirrt an seinen Zielen festhält. In 40 Jahren verwandelt er sein Land bei der Umsetzung der Reformation und bei der Einführung von steuerlichen Auflagen zu einem modernen Fürstenstaat.



Titel: Eppenberg


Kloster Eppenberg um

1950


Titel: Kloster Haydau


Kloster Haydau


Titel: Philipp


Landgraf Philipp der

Großmütige


Repros: H. Poth